Samstag, 29. Dezember 2007

Philosophie der Physiker

Ich lese gerade "die Philosophie der Physiker" von Erhard Scheibe. Sicher nicht die typische Lektüre eines Managers eines Web 2.0 Unternehmens. Vielleicht genau deshalb frage ich mich, ob es neben dem privaten Interesse auch beruflich sinnvoll ist, sich mit solcher Literatur zu beschäftigen. (Das Buch ist übrigens für jeden philosophisch als auch wissenschaftstheoretisch interessierten Menschen zu empfehlen)

Kann es für einen Geschäftsführer eines Unternehmens, das sich in einem solch neuen Thema wie dem Web 2.0 beschäftigt, als sinnvoll erachtet werden, sich mit Themen wie Philosophie, Geschichte, Wissenschaft und Kunst zu beschäftigen. Wenn ja, aus welchen Gründen und in Bezug auf was? Wenn nein, mit was stattdessen?

Ich beginne mit Gründen, die aus meiner Sicht dagegen sprechen. Es gibt viel fachspezifische Literatur (Managementliteratur, Web 2.0 Marketing Abhandlungen, Lehrbücher, Praxisbeispiele, Fachnachrichten, Marktforschungsberichte, Unternehmenszahlen, wissenschaftliche Studien, etc.), die ich zur Verfügung habe und für die mir die Zeit fehlt. Wenn man sich zusätzlich mit allgemeinen grundlegenden Themen beschäftigt, hat man noch weniger Zeit sich fachspezifisch weiterzubilden. Ergo kann man seinen Kunden und Kollegen, für die spezifische Hilfestellungen bezüglich Ihre Bedürfnisse und Probleme notwendig sind, weniger mit konkreten auf Fakten aufbauenden Aussagen weiterhelfen.
Dies sind allerdings die vordringlichsten Aufgaben des Managers. Kann er diese nicht erfüllen, beraubt er sich selbst seiner Existenzgrundlage. All die oben genannten Informationsquellen sind sowohl für Zieldefinitionen, Strategien, Maßnahmen als auch Controlling (siehe Becker) unerlässlich.

Warum also Kunst, Geschichte, Philosophie oder Naturwissenschaft? Eigenes Interesse und Freude daran als einzige Begründung - im Sinne von - ich fühle mich wohl und bin geistig angeregt, mir gehen auch die anderen Dinge leichter von der Hand? Als Übung um geistig fit zu bleiben?

Vielleicht liegt die Antwort in Stephen Browns "Postmodernes Marketing" versteckt. Eine Grundaussage, die man aus diesem Werk ziehen kann, ist, dass Literatur voller Gedanken ist, die man nur für das Marketing interpretieren muss, um zu neuen innovativen Ideen zu gelangen. Vor allem bewegt sich diese Literatur nicht in den engen geistigen Grenzen, die sich das Marketing durch zum Beispiel die 4Ps gesetzt hat. Wobei aus Stephen Browns Werk vor allem eine Bedeutung der Kunst im weitesten Sinne abgeleitet werden kann. (z.B. Science Fiktion Literatur)

Was ist die Bedeutung von Geschichte, Philosophie und Naturwissenschaften? (Ich gehe nicht auf die Geisteswissenschaften im Allgemeinen oder Wirtschaftsgeschichte ein, da deren Bezug offensichtlich ist, besonders wenn sie auf die BWL angewandt werden.)

Ich will hierauf keine ausführlich erörterte Antwort geben. Sondern nur abstrahiert zusammenfassen:

Ich glaube durch Geschichte, Philosophie und Naturwissenschaft ergeben sich neue Sichtweisen und Möglichkeiten der Wahrnehmung der Welt. Entwicklungen und Verhaltensweisen von Personen und Gruppen können anders beurteilt werden. Dies kann im Manageralltag den Unterschied machen zwischen einer erfolglosen Me-to-Lösung und einem vielleicht schwierigen aber sehr erfolgreichen neuen Konzept.

Ich hoffe ich konnte einen Anstoß geben, sich mal wieder zurück zu lehnen und ein wissenschaftlich anspruchsvolles Buch zu lesen. Für mich heist es momentan "die Philosophie der Physiker".

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